Heyho liebe Leute,
bedingt durch meine temporäre Beschäftigungslosigkeit hab ich Langeweile bekommen. Und was macht man da? Man sucht sich was zur Beschäftigung. In meinem Falle folgendes:
(Einführung)
Ich erinnerte mich, noch ein Apple PowerBook G4 in OVP rumzustehen zu haben (übrigens mit allen Zusatzadaptern usw.). Und ich hatte noch zwei Ersatzteilspender desselben Typs. Ich hab die also erstmal vom Dachboden geholt und ausgepackt. Zunächst mal war ich (wieder mal) erstaunt, wie gut der 12-Zöller aussieht. Komplett aus (ohne Scherz) Duraluminium aus dem Flugzeugbau gefertigt und mit bis heute Apple-typischen Merkmalen ausgestattet ist es selbst heute noch alltagstauglich: eine Tastatur, die selbst heute noch in Sachen Komfort und Bedienbarkeit mithalten kann; ein Touchpad mit Multitouch mit dem man alles bequem steuern kann; Der Bildschirm wirkt trotz der geringen Auflösung von 1024x768 sehr gut (nicht zuletzt dank Bildschirmglättung); es bringt WLAN, Bluetooth sowie FireWire, USB, Audio-In/-Out und je nach Variante entweder ein CD/DVD-Combo-Laufwerk oder sogar einen DVD-RW-Brenner mit. Aber es hat auch ein paar Nachteile: wie es im Namen PowerBook steht, so hat es einen PowerPC-Prozessor.
(PowerPC und seine Geschichte im Kurzformat)
PowerPC? Was war das nochmal? Ach ja, der missglückte Versuch, die Windows-/Intel-Allianz zu übertrumpfen. 1992 setzte sich Apple mit IBM an einen Tisch um einen zukunftsfähigen Prozessor zu entwickeln. Apple holte noch den bisherigen Zulieferer Motorola ins Boot und die drei bildeten die sogenannte AIM-Allianz. Ein paar Jahre später kam dann der erste PowerPC-Prozessor auf den Markt, aber nicht nur in Apple-Geräten fand er Platz. Grund dafür: er war deutlich leistungsfähiger als ein zeitgenössischer i86-Prozessor und perfekt für anspruchsvolle Anwendungen. Wie aber zu der Zeit bereits technikinteressierte Leute wissen, gab es im i86-Bereich immer größere Konkurrenz. Neben Intel fingen nun auch AMD und Cyrix an, i86-Prozessoren zu entwickeln, mehr oder minder erfolgreich. AMD ist bis heute im ständigen Wettbewerb mit Intel, während Cyrix nur noch eine Randnotiz ist. Jedenfalls hat dieser Wettbewerb dafür gesorgt, dass die i86-Plattform immer stärker wurde. Auch die PowerPC-Plattform wurde immer weiter entwickelt. So war man letztendlich bei den serienproduzierten Prozessoren auf PowerPC-Basis bei über 2GHz, in (erfolgreicher) Entwicklung befanden sich gar über 3GHz. Das war 2006. Mittlerweile wurde der Großteil aller PCs weltweit mit einem x86 oder x64-Prozessor betrieben, PowerPC und andere nur noch eine Randerscheinung. Apple kündigte an, ab Ende 2006 nur noch auf Intel-Prozessoren zu setzen und somit war der PowerPC praktisch tot. Er hatte aber eine erfolgreiche Geschichte hinter sich: bis zum G5 hin waren alle PPCs sehr stabil und liefen bei richtiger Konfiguration wie die Hölle. Apple lieferte sogar bis 2011 noch Patches für die PowerPC-Systeme (auf einem mittlerweile veralteten OS X 10.5.8) bis endgültig Schluss war. Soviel zur Geschichte.
(Hardware)
Nun zunächst noch etwas zur Hardware: unter Volllast faucht er wie die Großkatzen nach denen früher die OS X-Systeme benannt wurden. Mein Exemplar stand ja nun schon eine Weile herum und so schaute ich mir die Gegebenheiten an, die es mitbrachte. Meins war(!) die schlechtere Variante mit jediglich 60GB HDD (IDE übrigens) und 512MB RAM sowie dem einfachen Combo-Laufwerk. Da ich jedoch Teilespender rumzuligen hatte (dessen nVidia GeForce FX Go5200-GPUs hatte es wohl zerlegt) zerlegte ich diese erst mal und schaute nach was ich denn noch an Teilen finde. In einem fand ich tatsächlich noch ein DVD-RW-Laufwerk und eine 160GB-HDD. Nun noch mehr RAM. Meine Recherchen ergaben dass das PowerBook G4 jediglich 1,25GB RAM unterstützt. Na gut dachte ich und verbaute einen 1GB-DDR-DIMM und einen 256MB-DDR-DIMM. (Zugegeben, ich habe nie probiert mehr zu verbauen, darüber berichte ich dann.) Ich fing also an, mein eigentliches PowerBook zu zerlegen. Ich wechselte Laufwerk, RAM und HDD und nahm noch alle Heatsinks/Kühler ab, um neue Wärmeleitpaste zu verteilen. Der PowerPC-Prozessor ist echt niedlich, so ca. 3x3cm, aber macht verflucht viel Abwärme (liegt vermutlich an den 1,6GHz). Also alles erneuert, zusammengebaut, zack feddich. Eingeschalten, der typische Apple-Chimes ertönt. Operation geglückt dachte ich. Naja, jetzt kam ja noch die OS-Neuinstallation.
(OS X)
Zunächst musste ich OS X 10.4 installieren. Nach einer Stunde war das fertig. Sah ganz vertraut aus, OS X halt. Und JETZT erst konnte ich das OS X 10.5 Update drüberspachteln (dafür braucht man ein vorhandenes OS X). Und jeder, der zur Zeit von 10.5 dasselbe installiert hat, weiß, was jetzt kommt: fast 2 Stunden Installation! OS X 10.5 lässt sich mit Windows Vista vergleichen was Stabilität usw. angeht, zumindest ohne Updates. Nachdem das erledigt war, installierte ich ein paar Programme wie Firefox und ein paar Anwender. Schön dachte ich, ein nettes Notebook für Office etc., nur leider mit hoffnungslos veraltetem OS. Ich begann also zu recherchieren, welche Alternativen es gibt.
(Ein anderes OS muss her)
Erster Gedanke: Windows. Ist aber wieder schnell aus meinem Kopf gewichen, als ich erfuhr, welche die einzig verfügbaren (und nicht mal stabilen) Versionen es gab: NT 3.51 und NT4. Auch zu alt. Nächster Halt: Linux. Ping! Da gibt’s einige (und sogar mit Support bis heute!). Apple selbst hatte sogar ein Linux für seine PPCs entwickelt und freigegeben, aber das war mir zu alt, da war OS X frischer. UNIX? Darauf basiert zwar auch OS X, aber mir nicht anwenderfreundlich genug. Also fiel mein Augenmerk auf UNIX-Derivate. Debian war ein guter Anfang, aber veraltet. Welcher ist der bekannteste Ableger? Ubuntu natürlich. Also geschaut. Und tatsache: es gibt Ubuntu 16.04.6 als LTS (Long Time Support) mit Unterstützung bis Mitte 2021! Und bis dahin werden einige findige sicherlich die Ubuntu-minimal von 18.04 für PPC umschreiben. Also 16.04 gezogen in der richtigen Version. Kleiner Hinweis: es gibt ZWEI Versionen für PowerPC, einmal die normale powerpc, die ist bis G4 geeignet, und dann die ppc64, die läuft erst ab G5 (ist ein 64-Bit-Prozessor, davor nur 32 Bit).
(OS gefunden, Computer sagt nein)
Aufgrund der Größe hab ich das Ganze dann mal auf eine DVD-RW gebrannt und eingelegt. Mist, weder OS X noch das „BIOS“ (eigentlich openFirmware, der Einfachheit halber nenne ich es einfach BIOS) erkennen die DVD korrekt geschweige denn booten sie. Also mal das ISO-Abbild angeschaut. Ist ja ein Hybrid Abbild, einmal UFS und einmal HFS (Apple-proprietär). Ich weiß nicht wieso die DVD nicht bootet, bis heute, aber ich habe eine Möglichkeit gefunden, wie ich TROTZDEM ein Booten forciere.
(openFirmware und Computer sagt ja)
Das ganze hab ich mir zusammengebastelt aus mehreren Anleitungen und Quellen. Die Antwort: USB. Normalerweise bootet ein PowerPC-Mac aber nur von HDD, CD, FireWire oder vom Netzwerk aus via NetBoot. Also mal geschaut… wie bereits erwähnt stieß ich auf eine Art BIOS, die sogenannte openFirmware. Die ist bei jedem sogenannten New World-Mac als Art BIOS vorhanden und regelt den Systemstart und auch einige Aspekte wie etwa Initialisierung des nativen Zugriffs auf die GPU. Das ganze sieht für den Laien sehr erschreckend aus:
Nun wusste ich aber nicht was zur Hölle ich überhaupt damit anfangen konnte. Ich hab also zunächst einmal nach Befehlen usw. geschaut und kann euch sagen: da kann man viel mit rumbasteln, zum guten, aber auch viel kaputtmachen. Eine Einführung zum Thema openFirmware auf Macs findet ihr hier: https://osxbook.com/book/bonus/ancient/whatismacosx/arch_boot.html
Ich wusste jetzt immerhin schon, wie ich überhaupt etwas mit der openFirmware anstelle, z.B. von HDD booten. Ich habs auch von DVD aus probiert, aber geht ned. Befehl hierfür in Verbindung mit einer Ubuntu-DVD wäre boot cd:,\install\yaboot, mit einer OS X-DVD boot cd:,\\:udxi. (Notiz: ein Apple PPC bootet NICHT von gebrannten OS X-Disks). Und dann stieß ich endlich auf eine Möglichkeit, von USB zu booten. Einfach die ISO ins Stammverzeichnis des Sticks entpacken, den Stick VOR dem Starten des Macs einstecken, in die openFirmware mit der Tastenkombi option+command+o+f gehen und folgendes eingeben: ud:,\install\yaboot (alternativ für OS X vom Stick: ud:,\\:udxi). Und oh Wunder, es startete der Bootloader vom Stick! Ich wählte also das Live-System aus und wartete einige Minuten, bis ich bemerkte dass es an einer Stelle nicht weitergeht. Ich drückte STRG-C, und es erschien eine Bash, darüber einige Meldungen, die besagten: kein Bootimage gefunden. Mist, er scheint zwar den Bootloader vom Stick zu nehmen, aber sonst nichts. Also hab ich einfach mal dasselbe wie oben gemacht, aber mit der DVD im Laufwerk. Und siehe da, er bootet durch! Nun war ich also in Linux auf einem Mac. Aber: nur als Live-System.
(OS auf die HDD)
Einfache Lösung: auf die HDD damit! Das ist sogar im DualBoot mit OS X möglich. Aber dafür musste man beim OS X-Setup eine 2-Partitionen-Installation durchführen. Da ich DualBoot aber haben wollte ist selbstverständlich was ich machen durfte… 3 Stunden später war ich wieder im Live-System und war Bereit zur Installation. Ich wählte den Installer aus und wählte die Dual-Boot-Methode mit OS X. Kaum eine halbe Stunde später war er fertig mit der Installation und ich entschied mich für einen Neustart. Was dann kam war äußerst interessant: der eigentliche Stage1-Bootloader von OS X war einem anderen gewichen, in dem ich durch Tastendruck entweder Linux mit l, OS X mit x oder eine CD mit c auswählen kann, wobei nach einigen Sekunden automatisch Linux gewählt wird.
Wählt man OS X aus bootet es ganz normal, nix spannendes, dasselbe gilt für CD. Wenn man Linux auswählt landet man dann im Stage2-Bootloader, standardmäßig Yaboot. Den kann man auch durch GRUB ersetzen, aber Yaboot reicht mir vollkommen. Man kann dann per Befehlszeile eigene Bootoptionen festlegen, er startet nach einigen Sekunden automatisch in der Standardkonfiguration.
Dann bootet endlich Ubuntu und man hat alle Möglichkeiten, die Linux eben hat, solange die Packages für PPC kompiliert sind. Das ist bei vielen der Fall, wenn auch nicht mehr alle regelmäßig gepflegt werden. Tipp: bevor ihr irgendwas anderes installiert, installiert zunächst den WLAN-Treiber, indem ihr das PowerBook per LAN ans Internet anschließt und folgendes ins Terminal eingebt: sudo apt-get install b43-fwcutter firmware-b43-installer Danach dann alle Updates, entweder über den enthaltenen grafischen Installer namens Aktualisierungsverwaltung oder über das Teminal mit den Befehlen sudo apt update und sudo apt upgrade, in der Reihenfolge. Macht das ein paar Mal, bis er keine Updates mehr findet.
(Optik)
In meinem Falle habe ich übrigens aufgrund der Benutzeroberfläche Ubuntu MATE verwendet. Ich habe nämlich bei mir Icons und entsprechend auch das Theme des aktuellsten macOS installiert, um dem ganzen einen modernen Anstrich zu verpassen, mit Erfolg: ich habe unten ein Dock wie bei OS X, die Fensterrahmen und sonstige Bedienoberflächen sehen wie in macOS aus (bis auf die Position von Schließen etc., daran arbeite ich noch).
(Tipps und Tricks)
Um auf der Tastatur z.B. ein @ einzugeben macht folgendes: Drückt die ALT und die fn-Taste, lasst die fn-Taste los und drückt dann l. Das gilt auch für alle anderen Drittbelegungen auf der Tastatur. Grund: eine Apple PowerBook-Tastatur hat keine ALT-GR-Taste.
Anfangs dürfte die Bedienung per Touchpad ein Krampf sein weil es klickt obwohl ihr nicht klickt. Geht dazu in den Systemeinstellungen aus die Mauseinstellungen, setzt die Empfindlichkeit hoch und deaktiviert folgendes Kästchen (siehe Mauszeiger):
(Abschließende Bemerkungen)
Das ganze läuft auch sehr stabil und für das Alter des Prozessors erstaunlich schnell. Nach ein paar Updates ist das System auch auf dem neuesten Stand der Dinge, Firefox beispielsweise ist vorinstalliert und LibreOffice ebenfalls. Es gibt auch eine Handvoll Spiele die damit laufen und wenn man dann doch mal OS X-Programme ausführen will, kein Problem: es gibt eine Anwendung namens mac on Linux, mit der kann man das nativ ausführen. Windows-Emulation ist mit QEMU, Wine und anderen auch möglich, aber nicht gerade schnell, Windows 98 geht gerade noch. Ansonsten kann ich abschließend nur sagen dass sich das ganze eindeutig gelohnt hat aus meiner Sicht. Ich nutze ein schönes altes PowerBook mit aktuellen Programmen und einem aktuellen System und finde es wunderschön. Angehängt sind von mir noch einige Screenshots und Links; eine zusammengefasste Anleitung findet ihr im Anhang. Hoffentlich gibt’s wen unter euch, der auch noch son altes Teil hat!
Weiterführende Links:
https://en.wikipedia.org/wiki/Linux_gaming Ein paar Infos zu Spielen auf Linux PPC
https://ubuntuforums.org/showthread.php?t=2027970 Spieleliste für Linux PPC
https://minetest.net Minecraft-Derivat; lässt sich starten usw., dennoch muss ich erst entsprechende Grafikeinstellungen finden
https://pling.comThemes, Wallpaper, Iconpacks etc. für Gnome, GTK usw.
https://packages.ubuntu.com Programmpakete für Ubuntu finden
Quellen:
http://genericnerd.blogspot.co…-into-sluggish-ibook.html
http://ben-collins.blogspot.co…ok-g4-from-usb-stick.html
https://www.jeremymorgan.com/t…l-linux-ppc-powerbook-g4/
https://thahipster.de/linux-fu…inux-auf-powerbook-g4-12/
https://ubuntuforums.org/showthread.php?t=1071901